In unserem Projekt NaturSchutzRaum soll ein vielseitiges und methodenreiches Online-Seminar zum Themenbereich Rechtsextremismus im Natur- und Umweltschutz entstehen, das allen Studierenden bundesweit zur Verfügung stehen wird und sie für die antidemokratischen Interventionen sensibilisiert.
Um die themenspezifischen Bedarfe innerhalb der Hochschullehre zu ermitteln, haben wir im Jahr 2021 eine bundesweite Erhebung unter Studierenden in den „grünen Berufen“ durchgeführt. Ziel der Umfrage war es, Daten zum Ist-Zustand an den Hochschulen zu erheben: Werden die historischen und aktuellen Verknüpfungen des deutschen Natur- und Umweltschutzes mit nationalistischen, völkischen und rassistischen Strömungen in der Lehre thematisiert? Wie steht es um das Wissen der Studierenden zu diesem Themenkomplex? Sind rechtsextreme Personen und Gruppierungen an den Hochschulen aktiv? Die Ergebnisse dienen als Grundlage für die Konzeption und Entwicklung des Online-Seminars.
An der Hochschulumfrage haben von März bis Mai 2021 deutschlandweit 804 Studierende teilgenommen. Einige Datensätze mussten aus der Auswertung herausgenommen werden, weil entweder kein Studiengang angegeben war oder der Studiengang nicht zu den grünen Berufen gezählt werden konnte (z.B. Psychologie, Bildungs- oder Kulturwissenschaften). 772 Datensätze waren verwertbar.
Hier die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage im Überblick:
Studierende der grünen Berufe müssen stärker im Sinne einer demokratischen Umweltpolitik adressiert werden. Zwar befürworten sie mit großer Mehrheit das demokratische System, sprechen sich für Minderheitenschutz aus und lehnen autoritäre Strukturen ab. Trotzdem gibt es in dieser Gruppe hinsichtlich ihrer ökologischen Haltung eine Offenheit für nach rechts anschlussfähige Positionen und Denkmodelle. Dies betrifft vor allem die Themen Bevölkerungspolitik, Heimatschutz, Ganzheitlichkeit und Landromantik. Auch Querfrontzusammenschlüsse werden zum Wohle der Natur und Umwelt von ihnen nicht per se ausgeschlossen.
Gleichzeitig wird das Thema „Naturschutz, Umweltschutz und Rechtsextremismus“ in der Hochschullehre bisher kaum kritisch beleuchtet, obwohl das Interesse der Studierenden an diesem Themenkomplex groß ist.
- Die Mehrheit der Studierenden wünscht sich ein reguläres Lehrangebot zu historischen und aktuellen extrem rechten Kontinuitäten von Konzepten des Natur- und Umweltschutzes.
- 15 Prozent der teilnehmenden Studierenden berichten von menschenfeindlichen Äußerungen und Handlungen im Rahmen ihres Studiums. Hierbei handelt es sich um (antimuslimisch-, antiasiatisch-) rassistische, antisemitische, LGBTIQ-feindliche, NS-verherrlichende, Shoah-relativierende, sozialdarwinistische, behindertenfeindliche Vorfälle. Urheber*innen waren rechtsextreme Gruppierungen und Personen, aber auch Dozierende und Studierende der sogenannten gesellschaftlichen Mitte.
- Gut ein Drittel der Befragten verspürt angesichts der zu lösenden Umweltprobleme den Wunsch, jemand möge entschieden durchgreifen und zur Not auch demokratische Prozesse vernachlässigen (37 Prozent).
- 31 Prozent der Studierenden gaben an, ihnen sei es egal, warum sich Menschen für bestimmte Umweltbelange einsetzen, es gehe darum zusammen für ein gemeinsames Ziel einzustehen.
- Die Mehrheit der Befragten glaubt, dass die Ursachen vieler Umweltprobleme in der Bevölkerungsentwicklung zu sehen ist (55 Prozent).
- In diesem Zusammenhang spricht sich fast ein Drittel der Studierenden für antinatalistische Maßnahmen im globalen Süden aus (30 Prozent), das weist auf neokoloniale Denkmuster hin.
- Fast zwei Drittel der Befragten stimmen der biologistischen Aussage zu, dass die Natur dem Menschen vorgebe, was natürlich und damit richtig ist (57 Prozent).
- Knapp die Hälfte der Befragten ist offen für antimoderne und antisemitische Bilder/Vorstellungen: Sie stimmen der Aussage zu, dass in der Stadt fremde Einflüsse herrschen die dazu führen, dass Menschen den Bezug zur Natur und ihrer eigenen Identität verlieren.
- Ein Drittel der Befragten gibt an, dass Umweltschutz und Heimatschutz zusammengehöre (32 Prozent).
- 85 Prozent der Studierenden verstehen sich als politisch interessiert und verorten sich im politischen Spektrum überwiegend links der sogenannten Mitte
- Knapp 95 Prozent sind der Meinung, Herausforderungen der Umweltkrise dürften nicht zu einem Abbau von demokratischen Strukturen führen und bei der Bewältigung von Umweltproblemen sollten Positionen von Minderheiten und strukturell benachteiligten Menschen mehr Beachtung als bisher finden.
Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse gibt es hier: https://www.nf-farn.de/system/files/documents/farn_diversu_doku-kurz_final.pdf
Bei Interesse an der ausführlichen Auswertung schreiben Sie uns an hochschullehre@nf-farn.de