„Umweltschutz ist extrem eng und ganz klar mit Heimatliebe verknüpft. Umweltschutz hat nichts, aber auch gar nichts, mit Multi-Kulti, Einwanderung und Globalisierung zu tun.“
Wer hat das gesagt?
Martin Sellner, eine der Führungspersonen der „Identitären Bewegung Österreichs“ in seinem Video-Blog vom 14. Juni 2014. Als Autor für neu-rechte Magazine wie der Sezession und Veröffentlichungen im Antaios-Verlag tritt er vor allem medial stark in Erscheinung.
Was steckt dahinter?
Bei rechtsextremen Parteien fasst man das Ganze etwas kürzer und skandiert: „Umweltschutz ist Heimatschutz“ (zum Beispiel NPD, Der III. Weg, Die Rechte). Heimat ist für viele Menschen ein emotionaler Begriff; er beschreibt einen Ort oder ein Gefühl. Sofern diese Orte oder Gefühle als positiv empfunden werden, spricht eigentlich nichts gegen einen Schutz dieser Heimat und damit verbunden auch den Schutz der Umwelt. Doch wie genau sehen dieser Heimatschutz und diese Heimatliebe aus?
Umweltschutz ist für die extrem Rechten in erster Linie das Bewahren einer Kulturlandschaft, die dem romantischen Bild eines bäuerlich geprägten Deutschlands entspricht. In ihrer Wahrnehmung verfälschen „gebietsfremde“ Tiere, Pilze oder Pflanzen, sogenannte Neobiota, diese reaktionäre ästhetische Vorstellung von der „deutschen Natur“. Ebenso missfällt den Rechten eine industriell geprägte Landwirtschaft, vor allem aufgrund der internationalen Konzerne, hinter denen nicht selten eine „jüdische Elite“ vermutet wird.
Und diese Vorstellungen entsprechen auch schon stark dem Begriff des Heimatschutzes. Die Heimat wird mit ihrer Umgebung als etwas Starres wahrgenommen, das durch Veränderung zerstört wird. Ein zentraler Gedanke für Rechtsextreme ist dabei die „natürliche“ (geodeterministische) Verbindung von „Volk und Raum“, „Blut und Boden“, Land und Leuten. In dieser Vorstellung bedeutet die Veränderung der „deutschen Umwelt“ automatisch eine Veränderung des „deutschen Volkes“. Um diese Zerstörung oder Veränderung zu verhindern, sucht man in völkischen Argumenten und Traditionen die Lösung. Heimat bedeutet für Rechtsextreme eine Abschottung von allem Fremden.
Der Ursprung des Heimatschutzes im ausgehenden 19. Jahrhundert um Ernst Rudorff (1840–1916) wehrte sich primär gegen einen „jüdischen Materialismus“ und sozialistische Einflüsse aus der Arbeiterbewegung. Heute umfasst der Heimatschutz ein breiteres Spektrum an rassistischen Auffassungen – gegen sämtliche Menschen, die nicht einem völkisch-deutschen Verständnis entsprechen.
Vor diesem Hintergrund erklärt sich letztlich auch eine der wichtigsten Forderungen rechtsextremer Parteien und Gruppierungen: die Schließung der Grenzen und eine Ausweisung aller hier lebenden Menschen, die nicht ihrer völkischen Vorstellung von Deutschen entsprechen.
Denn in dieser Vorstellung gehören diese Menschen nicht in die hiesige Natur und Umwelt, sondern verändern sie und schaden ihr damit – was zusätzlich zur Zerstörung der „deutschen“ Heimat führt.
Mag Heimatliebe also zunächst nicht sehr verdächtig klingen, versteckt sich dahinter doch oft eine völkische Ideologie, die von Rechtsextremen genutzt wird und zu Ausgrenzung und Diskriminierung führt.
Was lässt sich dem entgegnen?
Zunächst sollte die falsche Vorstellung von der natürlichen Verbindung von Menschen mit ihrer Umgebung, im Sinne eines Habitats, entschieden zurückgewiesen werden. Menschen haben einen Wohnort, keinen Lebensraum, im Sinne eines Habitats. Sie sind deshalb auch nicht an ihren Wohnort gebunden. Sie können ihn verlassen. Ortwechsel und landschaftliche Veränderungen sind auch keine Neuerungen, die mit der Globalisierung aufgetreten sind. Vielmehr ist die gesamte Menschheitsgeschichte eine Geschichte der Migration. Menschen haben schon immer aus verschiedensten Gründen ihre Wohnorte gewechselt und dabei Einflüsse (auch Tiere und Pflanzen) aus anderen Teilen der Welt mitgebracht. Ebenso war auch die Landschaft immer von Veränderungen geprägt.
Die rechtsextreme Vorstellung von „Heimat“ traf möglicherweise nie zu. Sie ist rassistisch motiviert, weil es um die strikte Ablehnung von Migration geht. Außerdem besteht kein Widerspruch zwischen Globalisierung und Umweltschutz, denn national lassen sich die meisten Umweltprobleme nicht lösen. Die Natur kennt schließlich keine Landesgrenzen.
Ein demokratischer Umwelt- und Naturschutz geht nicht von einem exklusiven Heimatbegriff aus, sondern nimmt die Wohnorte aller Menschen auf der Welt in den Fokus: Denn richtig ist, dass viele Menschen heute Umweltveränderungen innerhalb eines Menschenlebens deutlich wahrnehmen (können). Richtig ist auch, dass diese Umweltveränderungen Auswirkungen auf die Lebenssituation und die Lebensumstände von Menschen haben. Nicht selten sind die Umweltveränderungen so gravierend, dass Wohnorte verschwinden und deshalb verlassen werden müssen. Gerade die Menschen im Globalen Süden – und hier insbesondere die Küstenbewohner* innen – sind von diesen Veränderungen massiv betroffen.
„Die EU sollte den Bewohnern von Inselstaaten, die durch den Klimawandel bedroht sind, die europäische Staatsbürgerschaft anbieten und ihnen eine würdevolle Migration ermöglichen.“
Ricarda Lang, Grüne Jugend, am 3.8.2018 im ZDF
Der Artikel ist Teil des Leitfadens "Wenn Rechtsextreme von Naturschutz reden – Argumente und Mythen".