„Raumgebundene Volkswirtschaft
Ziel der Partei DER DRITTE WEG ist die Verstaatlichung sämtlicher Schlüsselindustrien, Betrieben der allgemeinen Daseinsfürsorge, Banken, Versicherungen sowie aller Großbetriebe. Zur Wiederherstellung der Selbstversorgung Deutschlands mit Grundnahrungsmitteln ist die Eigenwirtschaft von Einzel- und Familienbetrieben sowie Landwirtschaft im besonderen Maße zu fördern.“
Wer hat das gesagt?
Die Partei Der Dritte Weg schreibt dies in ihrem 10-Punkte- Programm. Der Dritte Weg ist eine rechtsextreme neonazistische Kleinpartei, die nach eigener Aussage seit ihrer Gründung im Jahr 2013 für einen „deutschen Sozialismus“ mit ökologischem Schwerpunkt eintritt.
Was steckt dahinter?
Die wirtschaftspolitische Forderung nach der Verstaatlichung „sämtlicher Schlüsselindustrien, Betrieben der allgemeinen Daseinsfürsorge, Banken, Versicherungen sowie aller Großbetriebe“ könnte zunächst von jeder sozialistischen Partei oder Gruppierung stammen oder als Hommage an den real existierenden Sozialismus in der DDR gelten. Doch entgegen sozialistischen Idealen einer internationalen Ausrichtung von Politik bezieht sich die Partei Der Dritte Weg nur auf Deutschland und die deutsche Volkswirtschaft. Dementsprechend treten sie und andere rechtsextreme Gruppierungen gerne für einen „Deutschen Sozialismus“ oder „nationalen Sozialismus“ ein. Die semantische Nähe zum Nationalsozialismus ist dabei bewusst gewählt.
Dem Parteinamen entsprechend fordert der „Dritte Weg“ einen Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus. Dabei soll nicht alles vereinheitlicht werden, sondern jede*r Einzelne gefordert und gefördert werden, um „die größtmögliche Schaffenskraft für das gesamte Volk zu erreichen“.
Hinter dem Konzept der „raumgebundenen Volkswirtschaft“ steckt eine Abkehr oder ein komplettes Zurückdrehen der Globalisierung. Deutschland soll in der Lage sein, sich ohne Abhängigkeiten von anderen Staaten selbst zu versorgen. Dieser Anspruch bezieht sich auf Energieversorgung, Ressourcen und Nahrungsmittel. Aus extrem rechter Perspektive ist die Abhängigkeit von ausländischen Staaten, Firmen oder Banken ein unhaltbarer Zustand. Die Einflüsse von außen auf das Leben des „deutschen Volks“ soll daher auf ein Minimum reduziert werden. In der Vorstellung eines überhöhten Volksgedankens braucht Deutschland ohnehin keine Hilfe von anderen.
Ein wichtiger Bestandteil der „raumgebundenen Volkswirtschaft“ ist die Förderung von Einzel- und Familienbetrieben sowie einer bäuerlichen Landwirtschaft. Die Ablehnung internationaler Konzerne und Großbetriebe lässt sich mit kapitalismuskritischem und dabei antisemitischem Denken erklären. Die Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe und bäuerlicher Landwirtschaft erklärt sich aus der ideologischen Nähe zum „Blut und Boden“-Mythos. Die Agrarpolitik im NS-Regime unter Führung von Reichsernährungsminister Walther Darré (1895–1953) sah eine Umstrukturierung zu einer ökologischen und kleinbäuerlichen Landwirtschaft vor, in der die Menschen durch ihre Abstammung den Bezug zum Boden deutlich spüren und die Früchte der „eigenen Scholle“ und des „deutschen Bodens“ auch gut für das „deutsche Volk“ seien. Da sich Rechtsextreme generell sehr um die umweltschädlichen Einflüsse auf die „Volksgesundheit“ sorgen, bietet sich die Art der Landwirtschaft als ökologisch und „natürlich“ gut an.
Insgesamt kann das Konzept der Partei Der dritte Weg wohl in Anlehnung an den berühmten Spruch der Umweltbewegung der 70er-Jahre „think global, act local“ (global denken, lokal handeln) mit „think local, act local“ (lokal denken, lokal handeln) beschrieben werden.
Was lässt sich dem entgegnen?
Die Originalversion der Umweltbewegung hat nichts an Aktualität verloren: „think global, act local“. Jegliche positiven Elemente einer Orientierung auf regionale Wirtschaftskreisläufe laufen ohne die globale Perspektive ins Leere. Abgesehen davon würden mit dem Konzept der „raumgebundenen Volkswirtschaft“ auch alle Vorteile eines globalisierten Austauschs von Waren und Ideen sowie der Bewegungsfreiheit von Menschen verloren gehen.
Die Forderungen nach Verstaatlichungen, regionaler Orientierung und bäuerlicher Landwirtschaft mögen für manche unterstützenswert klingen. Das sind sie aber nicht, wenn sie die Grundlage eines völkischen Staates sein sollen. Daher sollten stets die Motive von Maßnahmen hinterfragt und in einem solchen Fall abgelehnt werden.
Ein demokratischer Natur- und Umweltschutz hält an dem Slogan „think global, act local“ fest. Die Akteur*innen machen deutlich, dass lokales Handeln nicht auf das Wohl einiger weniger abzielt, sondern stets die Weltgemeinschaft und die gesamte Welt als lebenswerten Ort im Blick hat. Das Eintreten für Regionalität begründet sich hier über die Reduzierung von klimaschädlichen CO2-Emissionen und Ressourcenverbrauch.
„Die eskalierende Klimakrise ruft nach lokalen Lösungen und regionalen Wirtschaftskreisläufen, denn wir können es uns schon alleine klimabedingt schlicht und einfach nicht mehr leisten billigste Wegwerfkonsumgüter in Containerschiffen um die Welt zu jagen.“
Smitha Francis, Lila Cabarello, Cédric Durand, 5.9.2017 in de.rosalux.eu/publikationen/globale-progressive-industriepolitk-eine-alternative-fuer-mehr-gerechtigkeit/
Der Artikel ist Teil des Leitfadens "Wenn Rechtsextreme von Naturschutz reden – Argumente und Mythen".