Menschen engagieren sich aus sehr unterschiedlichen Motiven für oder auch gegen Maßnahmen des Umwelt- und Klimaschutzes. Die allermeisten Positionen bewegen sich dabei in einem demokratischen Spektrum, in dem es Diskurse zu gestalten und Positionen auszuhandeln gilt. Doch, und dies ist vielen nicht bekannt, gibt es auch extreme Rechte, die sich für Natur-, Umwelt- und Klimaschutzbelange einsetzen. Und zwar aus einem Welt- und Menschenbild heraus, das einem demokratischen und menschenrechtsbejahenden Verständnis diametral entgegensteht. Obgleich manche Forderungen von demokratischen Umwelt- und Naturschutzorganisationen und rechten Akteur*innen auf den ersten Blick ähnlich oder gar gleich klingen, offenbart eine genauere Analyse die Unterschiede in den dahinterstehenden Überzeugungen: Der rechte Natur- und Umweltschutz ist immer verknüpft mit rassistischen, biologistischen und völkischen Ideen.
Dieser Artikel soll ergänzend zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung Einblick in die die non-formale (außerschulische) Bildungsarbeit von FARN geben und Möglichkeiten einer Präventionsarbeit darstellen.
Unsere Arbeit ist gerahmt durch interaktive Ansätze, die neben Raum für Diskussionen und Austausch, Momente der Selbstreflexion, des gemeinsamen Erkenntnisgewinns und des Einübendes von geeigneten Handlungsstrategien ermöglichen.
Das erste und wohl grundlegendste Ziel unserer politischen Bildungs- und Präventionsarbeit ist es, bei den Teilnehmenden ein Bewusstsein für die eingangs beschriebenen unterschiedlichen Motive zu schaffen und Wissen über einen rechtsmotivierten Umweltschutz mit seinem völkischen und biologistischen Umweltverständnis zu vermitteln. Hierbei geht es vor allem darum, die menschenverachtenden Grundannahmen und Denkmuster eines rechtsmotivierten Umweltschutzes zu verstehen, um mögliche Anknüpfungspunkte an eigene Forderungen zu identifizieren. Denn nur auf dieses Wissen aufbauend, lassen sich Querfronten konsequent vermeiden und demokratische sowie menschenrechtsbejahende Ansätze aktiv gestalten.
Die fünf Phasen der Workshopgestaltung
Für die Gestaltung unserer Bildungsformate orientieren wir uns an einem groben Phasenplan. Jede Phase ist in einzelne Schritte unterteilt. Die inhaltliche und methodische Schwerpunktsetzung ist je nach Workshop-Angebot und Zielgruppe unterschiedlich ausgerichtet, beinhaltet jedoch immer fünf Phasen. Diese ermöglichen es, einen gemeinsamen Lernraum zu gestalten und unterschiedliche Lerntypen anzusprechen:
- Orientierung
- Erfahrungsaustausch und Einstieg ins Thema
- Analyse und Vertiefung
- Anwendung des Gelernten
- Abschluss und Evaluation
Innerhalb jeder Phase wechseln sich – dem Sinnbild vom erforderlichen Wechsel zwischen „Ein- und Ausatmen“ entsprechend – Momente der Inhaltsaufnahme und Momente der aktiven Beteiligung regelmäßig ab.
In der Orientierungsphase werden die Teilnehmenden mit dem vorgesehenen Workshopsetting vertraut gemacht. Dieses beinhaltet insbesondere bei Workshops, die explizit rassistische Themen und Sprache behandeln, einen vertrauensvollen und respektvollen Umgang miteinander. Ebenso ist es relevant, die Teilnehmenden zu Beginn auf mögliche Irritations- und Überwältigungsmomente hinzuweisen, die bei der Beschäftigung mit extrem rechten Forderungen und Positionen auftreten können. Wir bitten alle Teilnehmenden darauf zu achten, bei diesem belastenden Thema Sorge für sich und füreinander zu tragen. Darüber hinaus steht am Beginn eines jeden Workshops eine Phase des Kennenlernens aller Teilnehmenden, die je nach Workshoplänge kürzer oder intensiver gestaltet wird, jedoch immer ein wichtiges Fundament für die weitere Zusammenarbeit im Verlauf des Workshops bildet.
In der zweiten Phase – Erfahrungsaustausch und Einstieg ins Thema – werden das bereits vorhandene Wissen oder eigene Erfahrungen der Teilnehmenden mit dem Themenfeld aktiviert. Dies kann zum Beispiel in einer assoziativen Sammlung mithilfe didaktischer Lernmittel oder in einem kurzen Austausch in Kleingruppen stattfinden. In Bezug auf die behandelten Themen sind häufige Assoziationen an dieser Stelle zunächst, dass Klimaleugnung auf der rechten Seite und umweltpolitisches Engagement eher auf der linken Seite des politischen Spektrums zu verorten seien. Ferner können auch Zitate, Bilder oder Aussagen dem Einstieg dienen, zu denen die Teilnehmenden sich positionieren sollen. Dabei handelt es sich meist um Äußerungen extrem rechter Akteur*innen, die ohne Kontext leicht der demokratischen Umweltbewegung zugeordnet werden können. Bei dieser Herangehensweise ist es besonders relevant, während der Auflösung zu betonen, dass es in der Übung nicht darum geht Teilnehmende vorzuführen oder gar „in die rechte Ecke zu stellen“. Es geht vielmehr darum aufzuzeigen, dass das Erkennen von rechten Motiven ein ganz genaues Hinschauen und das Erkennen von bestimmten Zusammenhängen erfordert. Mit der nachfolgenden Auflösung wird ein Blick auf verwendete Begrifflichkeiten und Wörter gelenkt, anhand derer sich die rechte Ideologie erkennen lässt.
Die Analysephase dient der Vertiefung mithilfe des Einsatzes von rechten Publikationen, Videos und Bildern. In Kleingruppenarbeit findet eine Auseinandersetzung mit den Argumentationen und der Bildsprache der extremen Rechten statt. Die neugewonnene Sensibilisierung für mögliche Ähnlichkeiten mit demokratischen Positionen und entscheidende Unterschiede zu eben diesen bietet die Grundlage für die Entwicklung von Strategien gegen eine Vereinnahmung durch menschenverachtende Klima- und Umweltpolitik.
In der vierten Phase – Anwendung des Gelernten – laden wir die Teilnehmenden dazu ein, die erarbeiteten Abgrenzungen und Gegenargumente in Rollenspielen auszuprobieren und mithilfe von Ergänzungen und Feedback aus der Gruppe weiter zu schärfen. Je nach Zielgruppe können hier sowohl Gesprächsstrategien im persönlichen Umgang als auch auf institutioneller Ebene ausprobiert und diskutiert werden. Es kann in dieser Phase von Vorteil sein, auch auf individuelle Erfahrungen der Teilnehmenden einzugehen und diese mithilfe einer kollegialen Fallberatung zu behandeln. Diese Phase erweist sich in der Praxis als enorm wichtig für die Motivation und das Empowerment der Teilnehmenden. Bedeutend und hilfreich ist hierbei das Verständnis dafür, dass sich Forderungen von völkischen und demokratischen Akteur*innen durchaus gleichen können und hier weniger gegen die Forderung einer bestimmten Maßnahme zu argumentieren ist, als vielmehr gegen das dahinterstehende Weltbild. Alternativ oder ergänzend kann in dieser Phase eine Beschäftigung mit dem solidarischen Konzept der Klimagerechtigkeit stattfinden. Mithilfe dieses Rahmens können eigene Argumentationen und Standpunkte gegen eine rechte Klimapolitik geschärft werden.
In der fünften Phase – Abschluss und Evaluation – werden die zentralen Diskussionspunkte zusammengefasst und es gibt Raum für die Klärung offengebliebener Fragen. Mithilfe einer abschließenden Beteiligung der Teilnehmenden versuchen wir in diesem sensiblen Themenfeld die Stimmungslage abzufragen und mit einem ermutigenden Gefühl in eine Evaluation zu gehen.
Sensibilisierung als Chance
Mit einem Blick auf die Präventionsarbeit und die Bildungsformate, die wir als FARN durchführen, lässt sich festhalten: Die Sensibilisierung für die Zusammenhänge rechter Ideologien und ökologischer Fragestellungen ist enorm wichtig für demokratische Umwelt- und Klimaschützer*innen. Nach wie vor sind diese Zusammenhänge viel zu unbekannt und die Irritationen finden immer wieder aufs Neue statt. Die Sensibilisierung zeigt aber auch deutliche Wirkung, wenn sich Vereine und Initiativen neue Leitbilder geben, Satzungen nachschärfen und über die Anschlussfähigkeit ihrer eigenen Argumente nach rechts reflektieren. Innerhalb der Natur- und Umweltschutzverbände unter dem Dach des Deutschen Naturschutzrings und auch in der jungen Klima(gerechtigkeits)bewegung finden Debatten und klare Positionierungen gegen menschenverachtendes Gedankengut statt. Ohne eine tiefergehende Beschäftigung mit rechten Ideologien im Umweltbereich und die Nutzung von Multiplikator*inneneffekten in der Jugendbildungsarbeit haben Appelle und Positionierungen allerdings keine nachhaltige Wirkung. Daher kann es sich auch lohnen, diese Ansätze aus der non-formalen Bildung auf ihre mögliche Implementierung in formale Formate von Schulen und Hochschulen zu überprüfen.
So unsicher Zukunftsprognosen generell auch sind, scheint es doch sicher, dass der Klimakrise in den nächsten Jahren eine immer größere Bedeutung zukommen wird. Dadurch werden sich die Auseinandersetzungen um die Klimapolitik verschärfen und auch die extreme Rechte wird dabei mitmischen. Mit einem geschärften Bewusstsein dafür, wohin deren menschenverachtende Politik führen kann, und der Vision von einer (klima-)gerechten Welt kann eine demokratische und menschenrechtsbejahende Umwelt- und Klimabewegung selbstbewusst in die Zukunft blicken.
Klara Kauhausen und Yannick Passeick
Klara Kauhausen ist Umweltpsychologin und war bis April 2021 als Bildungsreferentin bei der Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz (FARN) tätig.
Yannick Passeick ist Politikwissenschaftler und arbeitet seit 2017 als Bildungsreferent bei FARN.
Der Artikel ist Teil der Broschüre Die extreme Rechte zwischen Klimawandelleugnung und Klimanationalismus.